Bildung darf nicht vom Geldbörsel der Eltern abhängig sein. In den letzten Jahren wurde unser Bildungssystem schwer gefordert. Von einer Umstellung über Nacht auf Distance learning über halb belegte Klassen und Unterricht mit Maske und Jacke gab es während der Corona-Pandemie jede erdenkliche Unterrichtsform. Das war eine riesige Herausforderung für Schüler:innen, Lehrer:innen und Eltern. Doch was können wir aus dieser Zeit lernen? Klar ist jedenfalls, dass finanzielle Unterschiede der Elternhäuser noch sichtbarer wurden als davor. Während die einen Kinder zu Beginn der Pandemie mit den neuesten Laptops und den schnellsten Internetleitungen den Unterricht gut verfolgen konnten, gab es auch jene, die sich ein Endgerät mit mehreren Geschwistern teilen mussten und mehr aufgrund des langsamen Internets auch nicht möglich gewesen wäre. Als Gewerkschaft PRO-GE stehen wir für einen bedingungslosen Zugang zu Bildung. Jedes Kind und jeder junge Mensch verdient die gleichen Chancen und eine gute Bildung darf nicht vom Geldbörsel der Eltern abhängig sein!
Weiters führten die Kontaktbeschränkungen zu einem explosionsartigen Anstieg der Jugendlichen mit psychischen Problemen. Dies zeigt, dass Schule viel mehr als ein Lernort ist und auch bleiben soll.
Die Anforderungen, was Jugendliche nach der Pflichtschule mitbringen sollen, haben sich ständig geändert. Das System ist im Grundsatz jedoch seit 100 Jahren das gleiche. Anstatt Kindern und Jugendlichen immer nur zu sagen, was sie nicht können, sollten wir lieber ihre Stärken und Talente fördern! Das ist nicht mit bloßer Kritik an den Lehrer:innen zu verwechseln, das Problem ist vor allem ein systematisches.
Ein weiteres Problem in unserem Bildungssystem sind die sehr frühen Bildungswegentscheidungen und die damit verbundenen Abbruchquoten. Schüler:innen und vor allem auch deren Eltern sind bereits vor dem Ende der Volksschule mit den ersten Entscheidungen konfrontiert. Derzeit gibt es nur eine Form der intensiven Berufsorientierung, die polytechnische Schule. Sollte sich ein:e Schüler:in in einer anderen Schulform befinden, gibt es diese Möglichkeit kaum oder gar nicht.
Bildung ist jedoch mit dem Abschluss einer ersten Berufsausbildung zu Ende, aber vor allem durch Digitalisierung und technologischen Fortschritt muss sie ein lebenslanger Prozess werden. Eine der wichtigsten Ausbildungen für Arbeiter:innen ist die Meister-/Werkmeisterprüfung. Während wir mit dem Modell Lehre mit Matura einen enormen Schritt in der Durchlässigkeit des Bildungssystems geschafft haben, sind die Meisterkurse noch immer mit mehreren tausend Euro selbst zu finanzieren.
Dass junge Menschen in Österreich mit 16 Jahren bereits ein Wahlrecht besitzen, ist ein Vorzeigebeispiel in ganz Europa. Die Jugend ist auch entgegen vielen Meinungen alles andere als Politikverdrossen. Im Gegenteil, sehr viele Jugendliche engagieren sich in verschiedensten Organisationen, Vereinen und Gruppierungen, um ihre Interessen durchzusetzen. Politische Bildung ist jedoch nicht nur eine Aufgabe des privaten Umfelds. Vor allem unser Bildungssystem sollte die Jugend bei der Entwicklung zu kritisch denkenden Menschen unterstützen.
Bildung ist der Schlüssel unserer Bewegung. Es muss sichergestellt werden, dass die Forderung nach einer Ausbildungsoffensive oberste Priorität hat. Schlagworte wie „Bildungskarenz“, „Bildungsteilzeit“ etc. müssen mit einem rechtsverbindlichen Anspruch versehen werden. Einerseits soll der Gesetzgeber diesen Rechtsanspruch im Gesetz verankern, anderseits müssen unsere Kollektivverträge eine Regelung dahingehend vorsehen.
Solche Weiterbildungen beziehungsweise Aufqualifizierungen müssen zu 100 Prozent bezahlt werden. Von dieser langjährigen Forderung profitieren nicht nur die Arbeitnehmer:innen, sondern auch die gesamte Wirtschaft. Um das Recht auf Bildung finanzieren zu können, muss ein Aus- und Weiterbildungsfonds, ähnlich dem SWF in der Leiharbeitsbranche, eingeführt werden. Betriebe, die sich ihrer Ausbildungsverantwortung entziehen, müssen entsprechend erhöhte Beiträge leisten.
Auch für die Lehrlingsausbildung kann dieser Fonds endlich die Umverteilung von Ausbildungsbetrieben zu Betrieben, die nicht ausbilden, bringen.
Forderungen:
- Digitale Endgeräte für alle Schüler:innen und Kompetenzaufbau bei den Lehrer:innen in diesem Bereich.
- „Digitale Grundausbildung“ und „Politische Bildung“ als Unterrichtsfach in allen Schultypen
- Ausbau der Berufsorientierung ab der Sekundarstufe und Ausbau der Berufspraktischen Tage.
- Verpflichtender flächendeckender Ausbau kostenloser Ganztagesschulen in verschränkter und offener Form und Bereitstellung der dafür benötigten Mittel.
- Gemeinsame Bildung bis zum Ende der Schulpflicht mit umfassender Förderung aller Kinder gemäß ihren individuellen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Leistungen.
- Kompetenzorientierte Lehrpläne („die oder der Schüler:in kann…“).
- Nahtloser Übergang in Berufsausbildung und höhere Schulen.
- Integration des Führerscheins in das Bildungssystem.
- Ausbau von Erasmus+.
- Kostenlose Unterstützung bei psychischen Problemen für alle in Ausbildung.